Erfahrungen – Fluch oder Segen??
Die Frage, ob Erfahrungen Fluch oder Segen sind, ging mir in den letztenTagen immer wieder durch den Kopf. In einem meiner letzten Blogbeiträge habe ich nach meiner Motivation gesucht. Gefunden habe ich sie zwischenzeitlich zumindest zum Teil wieder. Das Thema Erfahrungen passt dazu meiner Meinung nach auch ganz gut, denn wenn wir Dinge anpacken sollen, auf die wir keine Lust haben, fehlt auch gleich nochmal die Motivation.
Dazu gab es in den vergangenen Tagen eine für mich wirklich lehrreiche Lektion.
Was ist passiert?
Wir haben derzeit viele Walnüsse. Am Freitag habe ich mit meinen Patenkindern Nüsse gesammelt und wir haben überlegt, was wir mit all den Nüssen anfangen sollen. So kamen wir auf die Idee, man könnte diese doch verkaufen. Die beiden waren sofort hellauf begeistert und wären am liebsten sofort losgestürmt um sie bei der Nachbarschaft anzupreisen. Was denkt man als Erwachsener – na das macht man nicht. Und warum – weil es einem so anerzogen wurde. Ich bremste sie daher auch erstmal aus. Zunächst mit dem Grund, dass wir vielleicht zunächst einen Preis festlegen sollten. Als schließlich jedoch alle Rahmenbedingungen geklärt waren, konnte ich die beiden nicht mehr zurückhalten.
Freitagabend um fünf sprangen sie auf ihre Fahrräder um sich auf den Weg in den Ort zu machen. Sie schnappten sich einen Zettel und Stift, um die Vorbestellungen entgegenzunehmen. Als ich dann anmerkte, dass sie jetzt sicherlich nicht mehr allzu viele Leute treffen würden, bekam ich zu hören ‚Na wir klingeln an den Häusern‘. ‚Das könnt ihr nicht machen‘ antwortete ich darauf schon fast etwas entsetzt. Das völlig verdutzte Gesicht der Beiden sehe ich noch bildlich vor mir. ‚Warum nicht‘ fragten sie mich in ihrer spontanen kindlichen Art. Ja – warum eigentlich nicht?? Ich wusste keine Antwort und ließ die beiden ziehen. Am Ende fand ich sie bei Einbruch der Dunkelheit mit ihren Rädern mitten im Ort. Mit ihrem Zettel und mächtig stolz. Sie hatten sage und schreibe Bestellungen für insgesamt 10 Kilogramm Nüsse gesammelt.
Warum sind wir oft so vorsichtig
Ich habe mir darüber in den letzten Tagen immer wieder Gedanken gemacht, wann und warum mir diese kindliche Sorglosigkeit und auch in gewisser Weise der Mut, Dinge einfach zu machen, abhandengekommen ist. Das trifft auf so viele Bereiche unseres Lebens zu, auch auf unseren Reitsport und unsere Pferde. Trauen wir uns und unseren Pferden doch wieder etwas mehr zu und haben Vertrauen darauf, dass es klappen wird. Im Laufe unseres Lebens machen wir viele Erfahrungen und die prägen uns. Wer oft vom Pferd gefallen ist, wird vorsichtiger. Wer sich beim Reiten unsicher ist, wird immer unsicherer. Alles, weil wir uns von Erfahrungen manchmal auch falsches vorgaukeln lassen.
Wer sagt uns denn, dass es nur, weil es beim letzten Mal nicht geklappt hat, dieses Mal auch wieder nicht klappen wird. Oftmals wenn wir Dinge hinterfragen, die uns entmutigen, haben wir noch nicht einmal schlechte Erfahrungen gemacht und sind trotzdem unsicher. Unser Gehirn spielt uns da ganz schöne Streiche, gegen die wir häufig gar nichts machen können.
Aber auch gesellschaftliche Normen prägen uns. ‚Das macht man nicht‘. ‚Warum nicht‘ war genau die richtige Frage darauf, auf die ich am Ende ja dann auch keine Antwort hatte. Viel öfter sollten wir Dinge die wir für normal empfinden hinterfragen. ‚Warum nicht‘? Vielleicht gibt es dafür gar keine logische Erklärung. Auf die Idee, dass die Leute sich vielleicht sogar freuen, wenn die Kids bei ihnen klingeln und sie ein paar günstige Walnüsse kaufen können, bin ich in dem Moment gar nicht gekommen. Offensichtlich war es aber so, sonst wären sie ja nicht so erfolgreich gewesen. Gestern haben wir die Nüsse zusammengepackt und sie sind mit ihrem Geldbeutel losgezogen. Am Abend hatten sie fast alles ausgeliefert und kamen zufrieden nach Hause.
Mein Fazit – Erfahrungen sind Fluch und Segen
Lasst und mal wieder mehr hinterfragen, auch was unseren Umgang mit den Pferden angeht. Sind unsere bisherigen Erfahrungen hier Fluch oder Segen? Ich bin der Meinung, beides ist der Fall. Viele Dinge waren Wichtig zu Erfahren, zu Lernen und daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Andere Dinge haben usn vielleicht den Mut genommen und uns daher gehemmt, obwohl dies gar nicht nötig wäre. Lasst uns mal ein paar Sachen ganz konkret hinterfragen.
Ausrüstung, Sattel, Reitweise, die Haltung, unsere Einstellung – so viel gilt es immer wieder zu überprüfen. Machen wir das weil es zu uns und unserem Pferd passt oder vielleicht nur, weil wir es schon immer so gemacht haben. Auch hier schlafen Forschung und Entwicklung nicht und es schadet nie, sich immer einmal wieder auf den neusten Stand zu bringen. Gerade jetzt, wo die Tage wieder kürzer werden, sollten wir uns die ein oder andere Minute gönnen, unsere Werte, Normen und Lebensweise zu hinterfragen. Für unser Wohlergehen und auch für das unserer Pferde.